Der Riese von Reiden

Eng mit der Geschichte Reidens verknüpft ist die Episode mit dem Riesen von Reiden.

Der Riese von Reiden ("Gigas"), dessen vermeintliche Reste kamen 1577 bei Reiden nach, einem Sturm unter einer gefällten Eiche zum Vorschein. Am Rande des Kommendehügels, der damals noch von einem Graben umgeben war, Riesenknochen gefunden. Der Basler Arzt und Universitätsprofessor Felix Platter hielt sie für die Knochen eines Riesen und errechnete seine Grösse auf 5,6 Meter. Die Gebeine wurden nach Luzern verbracht und im Rathausturm aufbewahrt. Aussen wurde folgende Inschrift angebracht:

In der Statt Lucern da unden
Bey dem Dorff Reyden /
hat man fundenSchroecklich grosse Menschen Gebein /
Under einer Eych auff dem Rein;Die Oberkeit derselben Statt/
Glehrten Leuthen die zugeschickt hat/
Welche nach der Proportion,
Geometrisch das Maess han gnon/
Hiemit erscheint unfaellbar gewiss/
Wann aufrecht g'standen diser Riss/
Sey er gsin der Laenge glych
Vierzehn mahlen disen Strich:
(hier stand ein Strich zirka 40 cm)
Beschah im 1577,
Jahr Gott weiss wie lang Er vor da war/
Was man g'funden noch bhalten werden/
Was ubrig verbleybt in der Erden.

Renward Cysat‘s Gedicht

In dem Wiger-Thal zu Reiden, stuhnd ein Eich auf grüner Heiden
Welche alss sie stürzte ein, fand Mann Rippen und gebein
Ungeheüer dickh- und Länge, dannoch nit in solcher Menge
Dass Mann wissen könnt genau, den gewessten Cörper-Bau
Die gelehrten also fanden, dass ein Ris darauf Bestanden
Dessen höhe Zehlte wohl, sechzehn Werckschuh u. Vier zohl
Wär ein Mann von unsern zeiten, ihm gestellt an die seiten
Würd ihr gleich-mass Treffen ein; wie die zwo figuren sein,
Das Lucern die Bein behaltet, zweiffls ohn die Ursach waltet
Dass in kleiner brust so gut, als in grosser sey der muth

 

 An dieser Knochenbestimmung und Grössenschätzung des Riesen von Reiden wurde langeZeit nicht gerüttelt. Die Reider und mit ihnen auch die Luzerner waren mächtig stolz aufihren riesengrossen, legendären Vorfahren. Sogar auf der Kapellbrücke in Luzern wurde dem Riesen von Reiden ein Denkmal gesetzt: Das erste Brückenbild beim Eingang derKapellbrücke auf dem linken Reussufer (Seite Stadttheater) zeigt den Riesen, wie er in seiner rechten Hand eine ausgerissene Eiche hochhält.

 

Der Reider Riesenknochen. Der 55 Zentimeter lange und 2,5 Kilogramm schwere Schulterblattknochen ist der älteste Mammutfund in der Schweiz.

Die sagenhafte Geschichte des Riesen von Reiden begann 1799 zu bröckeln, als Professor Johann Friedrich Blumenbach von der Universität Göttingen den Knochen als Stück eines Mammut-Schulterblatts bestimmte. Diese 2.8 - 3.4 m hohen und bis zu vier Tonnen schweren Tiere lebten während der Eiszeit u.a. im Wiggertal und Napfgebiet. Auch wenn sich die erste Interpretation des Knochens als falsch erwiesen hat, bleibt der Fund bis heute spektakulär: Der grosse Knochen war nämlich der erste Mammutfund in der Schweiz!

Zwei Jahrhundert lang waren die Reider Stolz darauf, innerhalb ihrer Gemarkungen ein Riesengeschlecht zu wissen, bis es sich dann herausstellte, dass die Knochen von einem Mammut stammten. Der Reider Riesenknochen. Der 55 Zentimeter lange und 2,5 Kilogramm schwere Schulterblattknochen ist der älteste Mammutfund in der Schweiz. Das Duplikat ist in der Kommende zu sehen.