Steckbrief: Karl Roth Schuhmachermeister
Name: Karl Roth Adresse: Bahnhofstr. 1, Reiden
Beruf: Schuhmacher
Alter: 83 Jahre
Zivilstand: Verheiratet, vier Kinder
Lieblingsessen: Alles was schmeckt
Lieblingsgetränk: Kaffee, Süssmost
Geboren:1909 in Zimmerwald
1927 Lehre als Schuhmacher
1930 - 1937 als Schuhmacher tätig
1937 - 1938 in der Schuhmacherei Emil Meyer Rainli
1938 Heirat mit Mina
1938 Eröffung der Werkstatt an der Bahnhofstrasse
2002 Geschäftsaufgabe nach 64 Jahren in der Werkstatt
2006 Gestorben
1909 kam ich in ärmlichen Verhältnissen zur Welt. Meine Eltern hatten zu wenig Geld, um mich grosszuziehen und so wuchs ich als sogenannter Verding-Bub bei einer anderen Familie auf. Nach der Schule war ich auf mich alleine gestellt und musste selber sehen, wie ich zurechtkam. Bis ich mit der Berufslehre beginnen konnte, schlug ich mich mit diversen Gelegenheitsarbeiten durch, um die Lehre zu finanzieren. Für die Lehre bezahlte ich etwa dreihundert Franken. Ein ausgelernter Schuhmacher verdiente etwa hundertdreissig Franken pro Woche, abzüglich neunzig Franken für Kost und Logie, also vierzig Franken netto. Als achtzehnjähriger konnte ich mit der Ausbildung als Schuhmacher beginnen. Zehn Jahre lang bin ich praktisch von einem Ort zum anderen gezogen; bis ich schliesslich nach Reiden kam und dieses Geschäft übernehmen konnte. Das ist jetzt bereits fünfundfünfzig Jahre her. Ich habe elf Lehrlinge erfolgreich ausgebildet und war im zweiten Weltkrieg Truppenschuhmacher, aber jetztführe ich die Werkstatt schon lange all leine. Meine Frau hat mir jeweils noch geholfen, bis sich ihr Gesundheitszustand vor kurzem verschlechterte.
Ich habe also hier geheiratet und wir haben vier Kinder. Sie leben nicht mehr bei uns zu Hause und haben einen Beruf ergriffen. Ein Sohn ist in meine Fussstapfen getreten. Eine Tochter ist Kinderkrankenschwester. Sie arbeitet mit behinderten Kindern. Das seien die dankbarsten Leute, meint sie.
Wir lebten wirklich nie im Überfluss, aber wir hatten immer genug zum Leben. Ich glaube, man lebt zufriedener, wenn einem nicht alles in den Schoss fällt. Heute kann sich die jüngere Generation viel mehr leisten.
Wir hatten nie ein Auto (nötig), deshalb ist Wandern mein liebstes Hobby. Ausserdem gehe ich gerne in die Sauna und ab und zu schwimmen.
Was ich zur heutigen Jugend meine? Ich kann nicht sagen, dass ich sie so noch einmal erleben möchte, ich bin um alles froh, dass in meinem Leben vorbei ist und ich bin zufrieden. Vielleicht würde man es gar nicht besser machen, wenn man Gelegenheit hätte, es anders zu tun.