Reglement für die Schul- und Christenlehr-Kinder der Gemeinde Reiden

 

Die Ordnung vor und beim Beginne der Schule und Christenlehre.

§ 1.

Dir Kinder haben zur festgesetzten Zeit, jedoch nie mehr als eine Viertelstunde vor Beginn des Unterrichtes, reinlich gekleidet, gewaschen und gekämmt und mit den erforderlichen Schulsachen versehen, beim Schulhause sich einzufinden, auf bestimmtes Zeichen des Lehrers oder der HH. Geistlichen sich in das Schulzimmer zu verfügen, alles zum Unterrichte Nötige in Bereitschaft zu bringen und, wann noch Zeit allfällige Hausaufgaben nochmals durchzusehen oder auswendig herzusagen.

§ 2.

Beim Eintritt Erwachsener in das Schulzimmer haben die Kinder dieselben durch Aufstehen zu begrüssen.

§ 3.

Wer während dem Gebete kommt, hat das Gebet bei der Thüre stehend mitzuverrichten; wer nach dem Gebete erscheint, hat sich zuerst beim Lehrer zu entschuldigen und dann an seinem Platze zu beten.

 

Die Ordnung während des Unterrichtes und den Pausen.

§ 4.

Die Schüler sollen still, mit gerader Haltung des Körpers in den Bänken sitzen, die Hände beim mündlichen Unterrichte auf den Tisch legen, die Füsse eine ungezwungene Haltung annehmen. Schwatzen, Lachen, Spielen, Scharren und Stampfen auf den Fussboden, wodurch Staub aufgewirbelt und die Lungen nachteilig beeinflusst werden, unbefugtes, eigenmächtiges Verlassen des Platzes, welcher vom Lehrer angewiesen wurde, das Essen während des Unterrichtes, sowie überhaupt alles, was unordentlich ist und den Erfolg des Unterrichtes schälert, ist strenge untersagt.

Hat ein Kind während des Unterrichtes den Lehrer etwas zu fragen, zu bitten oder mitzuteilen, so hat es durch Aufheben des Fingers oder durch Aufstehen die Erlaubnis zum Sprechen einzuholen.

§ 5.

Die Schüler sollen ihre ganze Aufmerksamkeit dem Lehrer oder Geistlichen und den schriftlichen Arbeiten zuwenden. Beim Auswendigsagen, Lesen und Singen sollen sie stehen. Die Antworten sollen bei gerader Haltung des Körpers angemessen laut, und je nach Klasse, entsprechend richtig betont erflogen. Bei den schriftlichen Arbeiten sollen die Schüler den Oberkörper nicht stark vorwärts biegen und die Brust nicht gegen die Bank drücken.

§ 6.

Beim Erzählen und Auswendigsagen von Gedichten sind die Bücher zu schlissen. Vorsagen und Zuflüstern von zu gebenden Antworten, sowie das Abschreiben von Aufgaben sind strenge verboten.

§ 7.

In den Pausen gegeben sich die Kinder bankweise und möglichst ruhig auf die Aborte und nachher auf den Spielplatz. Auf letzterem bewegen sie sich anständig, ohne Schreien, Lärmen, Pfeifen, Raufen und verfügen sich auf ein Zeichen des Lehrers ruhig und eingezogen wieder in das Schulzimmer.

 

Die Ordnung am Schlusse der Schule.

§ 8.

Nach Schluss des Unterrichtes verlassen die Kinder, gleich wie in der Pause, das Lokal und verfügen sich sofort nach Hause.

§ 9.

Schüler die Absenzen zu entschuldigen haben, bleiben zurück, ebenso solche, die aus irgend einem Grunde zum Nachsitzen befohlen sind.


Das Verhalten der Schüler ausserhalb der Schule.

§ 10.

Die Hausaufgaben hat das Kind fleissig zu lernen und anzufertigen. Das Abschreiben, Abschreibenlassen und Anfertigen lassen ist alles strenge untersagt.

§ 11.

Die Tafeln, Heften, Bücher und Schriften Haben die Kinder reinlich und in guter Ordnung zu halten. Erstere sind mit einem Schwämmchen zu versehen.

§ 12.

Das verunreinigen des Schulzimmers und der übrigen Räume das Schulhauses durch Schreiben, Malen oder Zeichen oder durch wodurch es immer geschehen könnte, sowie das Verschmutzen und Beschädigen der Schulsachen, Schulgeräte ist strengstens untersagt und sind Eltern und Pflegeeltern für den Schaden ihrer Kinder oder Pflegkinder haftbar.

§ 13.

Unter sich selber sollen die Schüler verträglich, friedfertig und freundlich sein, Schimpfen, Fluchen, Schrein, Pfeifen, Schlagen unter sich oder andern, desgleichen das Verschmutzen oder sonstige Beschädigen der Schulsachen des Mitschülers ist verboten.
Allfällige Klagen eines Kindes sind vor oder nach dem Unterricht anzubringen.

§ 14.

Gegen den Lehrer und alle Vorgesetzten und Erwachsenen seinen Kinder stets bescheiden, folgsam, aufrichtig und höflich und haben allfällig verlangte Auskunft zuvorkommend und Dienstleistungen bereitwilligst zu vollführen.

§ 15.

Das Entwende fremden Eigentums jeglicher Art besonders auch von Baum- und Feldfrüchten, sowie das Beschädigen derselben, ferner das Ausnehmen und Einfangen von Vögeln, Quälen von Tieren, Rauchen, Anzünden von dürren Gras oder Laub an Borden, in Wäldern, Waldrändern oder in der Nähe von Häusern, wodurch viel Unheil entstehen kann, Ankauf von Näschereien, Anschaffen und Nachtragen von leichtentzündlichen Gegenständen, wie Pulver, Streichhölzchen, ferner Waffen, Werfen von Steinen, Spielen auf gefährlichen oder verbotenen oder viel begangen Strassen und Plätzen, ebenso das Nachspringen hinter Fuhrwerken, unbefugtes Aufsitzen auf dieselben, das Eislaufen und Schlittenfahren auf öffentlichen und viel benutzten Verkehrswegen, desgleichen das Baden an öffentlichen Plätzen ohne Badekleider werden streng bestraft.

§ 16.

Bei einbrechender Nacht sollen die Schulkinder nicht mehr ohne bestimmte Aufträge seitens der Eltern oder Vorgesetzten auf Strassen und öffentlichen Plätzen sich einfinden. Auch der Besuch der Wirtshäuser und Tanzlokale ist nur unter Aufsicht der Eltern, Pflegeltern oder anderer Fürsorger gestattet.

 

Strafbestimmungen

§ 17.

Bei wiederholten Verstössen gegen dieses Reglement von Seite der Schüler sollen die Eltern hievon in Kenntnis gesetzt werden; sollte dies nichts fruchten, so sind die Eltern vor die Schulpflege zu Laden.

Schlussbestimmungen

§ 18.

Gegenwärtiges Reglement soll bei Beginn eines jeden Schuljahres mit den nötigen Erklärungen begleitet, den Schülern vorgelesen. Zudem soll jeweilen ein gedrucktes Exemplar den Eltern zugeschickt und eines im Schulzimmer aufgehängt werden.

 

Reiden, im Mai 1895

 

Die Schulpflege,

Der Präsident:
J. Hunkeler
Der Aktuar:
A. Felber-Arnold.

 

Erziehungsrätlich genehmigt.

Luzern, den 5. September 1895