Der Zoll zu Reiden
Das breite Tal der Wigger war schon immer dem Verkehr Nord-Süd und umgekehrt offen. Dieser wurde mit der Eröffnung des Gotthardpfades besonders bedeutend und zwar nicht bloss schweizerisch, sondern international (Rheingebiet/Italien). Auf der Wasserstrasse der Aare andererseits gelangten Güter aus dem Westen, insbesondere Salz aus dem Burgund, nach dem Umschlagplatz Aarburg, um anschliessend auf dem Landweg Richtung Luzern/Innerschweiz weiterbefördert zu werden. Wegen der wichtigen Verkehrsachse, an der Reiden lag (auch heute noch), entstand hier ohne Zweifel um 1280 die Johanniterkommende, deren Vorläuferin eine Burg war, die den Herren von Reiden gehörte. Reidens Geschichte wurde auch wegen seiner Lage als Grenzort bedeutend. Mit der Eroberung des Aargaus (1415) schuf sich Bern einen landmässigen Korridor zwischen Zofingen und Aarburg, um seinen neuen Besitz beherrschen zu können. Luzern andererseits stiess damals bis Wikon vor. Diese künstliche Territorialgrenze wurde seit der Reformation, besonders zu Zeiten der unglückseligen Glaubenskriege, zu einer feindlichen Trennungslinie. Doch bei friedlichen Zuständen hielt sie den Handel und Wandel und das gute Einvernehmen zwischen der Bevölkerung (Markt in Zofingen, Heimarbeit für luzernische Bevölkerung aus dem Aargau) kaum auf.
Wegen dem bereits Ausgeführten ist es leicht verständlich, warum in Reiden ein Zollstätte errichtet wurde. Eine erste ist uns um 1240 überliefert. Damals bezogen die Habsburger vom Zweig der Laufenburger Linie (ihnen gehörte damals dieses Gebiet), für den Abschnitt von Hospenthal bis Reiden Zölle (Endpunkt der dem habsburgischen Zoll unterworfenen Strasse). Einkassiert wurde er allerdings nicht hier, sondern in Luzern. Zölle waren (auch heute noch!) indirekte Steuern, die auch der Stadtstaat Luzern weidlich ausnutzte, ja direkt auf sie angewiesen war. Abgesehen von Ausnahmezeiten (um 1700) wurden eben keine direkten Steuern abverlangt. Bis 1620 gab es auf der Luzerner Landschaft die Zollstellen von Gisikon, Rothenburg und Emmenbrücke. Daneben gab es aber mindestens sieben städtische. Während des Dreissigjährigen Krieges (1618-1648) wurden neue Strassen- und Brückenzölle errichtet. Reiden war davon der erste (1622) "Man hoffte dadurch, den Handel gleich an der Kantonsgrenze abzufangen" . Die Einführung wurde mit den merklichen Unkosten des Strassenunterhaltes begründet, aber auch „uss habenden uralten fryheiten und gerechtigkeiten“, die dem Rat zu Luzern zustanden. Begreiflicherweise war ein solcher Zoll unbeliebt und wurde immer wieder versucht, allseitig umgangen zu werden. Deshalb schuf die Obrigkeit an verschiedenen Grenzübergängen neue Zollstellen. So Ende der 1680er Jahre in Mehlsecken und anlässlich der Zollrevision von 1765 auch in Reidermoos und Wikon-Hintermoos, nebst zahlreichen weiteren. Bis 1765 gab es im Amt Willisau sechs Zollstätten und nachher deren zwölf. Dazu kam noch der Torzoll in Willisau Diese Massnahmen erzürnten das Landvolk sehr. Gut ein Jahrhundert zuvor, anlässlich des Bauernkrieges (1653), wurden die Zollstellen in Reiden, Winikon, Triengen und Wolhusen radikalweggefegt, um nach einiger Beruhigung 1662 wieder eingeführt zu werden. Endgültig verschwanden die kantonalen Zollstellen erst mit der Errichtung des Bundesstaates 1848. Genau genommen fielen sie erst am 31. Januar 1850 weg, um dann ab 1. Februar den eidgenössischen Zöllen Platz zu machen. Während dem ganzen 17 Jahrhundert waren Reiden, Emmen, Wolhusen und Gisikon die vier wichtigsten Zollstellen auf der Luzerner Landschaft. In der ersten Hälfte des 18 Jahrhunderts entwickelten sich Emmenbrücke und Reiden mit grossem Abstand zu den ertragreichsten (abgesehen von der Stadt).
In einer Zeit grösserer Bautätigkeit liess Luzern durch sein Bauamt zwischen 1713-1720 in Reiden ein neues Zollhaus errichten. Um das vorherige wissen wir wenig. Ziemlich genau 100 Jahre später kam wieder bauliche Bewegung in die Zollstätte und dazu noch in das in Reiden befindliche, dem Kanton gehörende Salzlager. Dieses war 1780 von Olten hieher verlegt worden. Es diente der Aufnahme von Lothringer Salz. Anfang 1821 hatte Friedensrichter Elmiger das Gasthaus Löwen gekauft {wo heute die Kantonalbank steht und wo sich vorher das immer noch geläufige Zollhaus befand). Elmiger war bereit, das von ihm erworbene Objekt dem Staat zu verkaufen, der denn auch rasch auf das Angebot eintrat. Die Regierung begründete den Erwerb damit, dass die bereits vorhandenen kantonalen Gebäude in Reiden grösserer und kleinerer Reparaturen bedürften. Auch wenn diese ausgeführt wurden, gäbe das dennoch kein befriedigendes Resultat. Denn längstens hätte das bestehende Zollhaus erweitert werden sollen. Sodann sei jetzt darin auch noch eine Postablage angeordnet worden. Ferner sollte dem Zöllner der gehörige Raum für die Bewohnung geschafft werden. Ferner gäbe es Klagen der Salzdirektion auf Verbesserung und Vergrösserung des dortigen Salz-Magazins, wo wegen Mangel an Raum die Salzfässer unter freyem Himmel gelagert werden, welche dann, nicht gehörig vom Ungewitter beschützt, vielfältigen Schaden litten. Doch nicht genug damit. Aus dem Bericht der Regierung vernehmen wir noch: "Beynebens nehmen wir auch wahr; dass die dortige Kommende-Schütte einen so kleinen Raum hat, dass man genötigt ist, die ihr zufliessenden Früchte alle Jahre verkaufen zu müssen, so dass der Nutzen des Staates nicht so befördert werden kann, der sich ergeben würde, wenn man auch Zeit und Gelegenheit abwarten könnte". Zur erwähnten Schütte ist zu bemerken, dass die Kommende 1807 an den Staat übergegangen war. Aus ihren Gütern flossen Abgaben (Zehnten), die in der Schütte eingelagert werden konnten, oder sollten. Beim Kauf des "Gasthof Löwen" durch den Kanton war die Bedingung ausgehandelt worden, dass das Wirtsrecht als erloschen zu erklären sei "und eine Stunde von da entfernt verlegt werden müsse". Obwohl nun das neue Zollhaus, alias Löwen eine wie oben geschilderte Funktion erhielt, blieb allem nach das Salzmagazin weiter bestehen. 1840 ersuchte der Gemeinderat die Regierung, ihm zu bewilligen, die neu angeschafften Löschgerätschaften hiesiger Gemeinde an der westlichen Seite "des hier unterher dem Gasthause zur Sonne sich befindlichen obrigkeitlichen Salzmagazins schirmen zu dürfen", was auf Zusehen hin bewilligt wurde. 1858 wollte es der Staat verkaufen, weil inzwischert bei der Station (Eröffnung der Bahnlinie 1856) ein Lagerschuppen gebaut worden sei. Hierauf gelangte der Gemeinderat an die Regierung, mit dem Angebot, das Salzmagazin zu kaufen, weil man hier eine Käserei einzuführen gedenke. Die Kaufs Offerte lautete auf 1000 Franken.
In den 1830er und 1840er Jahren waren hartnäckige Bestrebungen in Gang gekommen, die Zollstätte von Reiden in den Adelboden nach Wikon zu verlegen. Von hier aus wurde dieses Ziel mit viel Engagement anvisiert, während Reiden das Vorhaben ebenso hartnäckig abzublocken suchte. Bereits waren Baumeister beauftragt worden, Pläne für ein Zollhaus im Adelboden zu erstellen. Die bald darauf folgenden politischen Wirren (Freischaren Züge, Sonderbundskrieg) machten einen Strich durch die Rechnung, der mit der Gründung des Bundesstaates dann endgültig gezogen wurde.
Quelle Akten Staatsarchive
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Zoll Einnahmen in Fr.